Hier der Bericht und die erste Auswertung der Aktion Ferienwohnung:

Zum Ablauf:

Am Vorabend der Aktion waren wir zu fünft, um das 5-Meter-Transparent Geentert für Mieter zu malen, die Ausstellungstafeln zu gestalten und einen Infostand in der Wohnung vorzubereiten.

Am nächsten Vormittag, um 11 Uhr hissten wir die Piratenfahne am Balkon und hängten das Transparent raus. Kurz danach kamen die ersten Anwohner und eine Nachbarin, die von Verdrängung bedroht ist.

Zur Pressekonferenz kamen ein Team des rbb (Berliner Abendschau)und drei Journalisten. Sie wurden von der Crew, der Piratenfraktion xhain und der Berliner Mietergemeinschaft informiert

und erhielten Antworten auf Fragen (siehe inhaltliche Auswertung). Wir stellten klar, dass die Aktion sich nicht gegen die Eigentümerin der Ferienwohnung richtet, sondern gegen die Vermarktung Tausender ehemaliger Mietwohnungen durch Agenturen (über eine davon hatten wir online gebucht), als ein Faktor von vielen, der zu Wohnraumverknappung und steigenden Mieten führt.

Ab 14 Uhr kamen immer mehr Anwohner, auch mehrere Mitglieder einer Bürgerinitiative aus dem Kiez. Mit ihnen wurde ein Treffen Anfang nächsten Jahres besprochen, z.B. im Rahmen des Fraktion-Hoppings. Um 15 Uhr erschien die Eigentümerin mit Begleitung und forderte die sofortige Räumung wegen Zweckentfremdung, unsere Fahne und das Transparent wurden vom Balkon gerissen. Wir versuchten vergebens der Eigentümerin klarzumachen, dass die Aktion nicht gegen sie persönlich gerichtet sei. Nach ihrer Rücksprache mit der Agentur wurde uns ein Polizeieinsatz angedroht. Wir berieten, ob wir es auf eine solche Eskalation ankommen lassen wollten. Unseren Vorschlag, die Ferienwohnung wieder Mietern anzubieten, lehnte die Eigentümerin ab, erklärte sich aber bereit, die erhaltene Mietsumme zurückzuerstatten.

Wir brachen die Aktion ab, vor dem Haus gingen die Diskussionen mit Anwohnern aus dem Kiez weiter, es waren auch weitere Piraten zur Unterstützung angekommen.

Erste zustimmende Berichte von Mieterinitiativen aus xhain über die Aktion waren bereits im Internet.

Zur inhaltlichen Auswertung:

Die Senatsverwaltung hat einen Entwurf für ein neues Zweckentfremdungsverbot (das alte wurde 2002 vom Oberverwaltungsgericht rückwirkend auf 2000 abgeschafft) den Mieterorganisationen und Verbänden zur Prüfung vorgelegt. Damit sollen neue Ferienwohnungen genehmigungspflichtig werden und die Wohnungsämter der Bezirke sollen dafür drei neue Stellen erhalten (früher waren es zehn). Bei diesem Entwurf gibt es jedoch noch viele Unklarheiten, z.B. die Frage, ob das Zweckentfremdungsverbot in der ganzen Stadt, oder nur in bestimmten Stadtteilen gelten soll.

Oder wie der Widerspruch zum aktuellen Stellenabbau in den Bezirken zu der Verstärkung der Wohnungsämter gelöst werden soll.

In Hamburg gibt es ein Wohnraumschutzgesetz, das über den Berliner Entwurf hinausgeht. Auch in München gibt es weiterführende Regelungen. Unsere Forderung: Ein Wohnraumschutzgesetz für Berlin, das alle rechtlichen Möglichkeiten auf Landesebene ausschöpft, etwas gegen steigende Mieten und Wohnraumverknappung zu tun. Hier können dann auch Regelungen rein, die über ein reines Zweckentfremdungsverbot für künftige Ferienwohnungen hinausgehen. Z.B. dass für einen bestimmten Anteil von Wohnungen Mietpreisbindung besteht, Neuvermietungen gedeckelt werden,

Auflagen gegen Luxussanierung, Regeln für Umwandlung in Wohneigentum usw.(Hierzu insbesonders die Erfahrungen und Regelungen aus Hamburg, München und Frankfurt auswerten).

Parallel dazu ein Programm, das Mietpreissteigerungen bei der energetischen Sanierung deutlich dämpft, sozialen Wohnungsbau fördert, Genossenschaftsmodelle unterstützt, Rückführung von zweckentfremdeten Wohnungen in Mietwohnungen anstrebt, Umbau von Gewerbe- oder Büroleerstand in Mietwohnungen erleichtert. Dafür müssen entsprechende Mittel bereit gestellt werden (z.B. durch Verzicht auf Renommierprojekte).

Eine entsprechende Initiative unserer AGH-Fraktion wäre gut, die BVV-Fraktionen sollten daran mitwirken, Mieterinitiativen und -verbände zur Mitarbeit eingeladen werden.

Von der Berliner Mietergemeinschaft wurde in Richtung Abgeordnetenhausfraktion gewünscht, eine parlamentarische Initiative einzubringen, um für Studenten mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen, da hier ein deutlicher Mangel besteht.

Ein anderer Hinweis, der sich aus unseren Diskussionen ergab (es ging nicht nur ums Mieten-Thema): Initiative unserer AGH-Fraktion, den Schulbeginn auf 9 Uhr zu verlegen (Anpassung an den Bio-Rhythmus von Jugendlichen)

Gruß von den Urbanauten, Rolf Schümer

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