Sitzung der BVV am 26.09.2012

Zu Beginn gedachten die Bezirksverordneten mit einer Schweigeminute dem unerwartet verstorbenen Bürgerdeputierten der Piratenpartei Henning Wolf.

Während der Beantwortung einer mündlichen Anfrage der Piraten, musste Bezirksbürgermeister Schulz einräumen, nicht über die kommende Zerschlagung des Friedrichshainer Bildungsstandortes in der Neuen Bahnhofstr. informiert worden zu sein. Dort hat die Berggruen Holdung allen Mietern gekündigt, 1.400 Schüler und Studenten werden auf die Straße gesetzt, um Zalando Platz zu machen. Mitglieder der Piratenpartei und der Piratenfraktion hatten nach Treffen mit Betroffenen vor Ort das Thema aufgegriffen. Aus dem Etat des Landes und des Bundes waren mehrere Millionen Euro in den Umbau des Gebäudes zur Bildungsstätte investiert, Zwischenwände und Decken eingezogen worden, die nun die Berggruen-Bagger für Zalando herausreißen.

Im weiteren Verlauf der Sitzung ging es um den Erhalt des YAAM an der Spree. Wieder einmal ist ein Kulturstandort durch einen Investor bedroht. Mit großer Mehrheit beschloss die BVV, sich für den Erhalt des YAAM einzusetzen. Die Piratenfraktion hatte einen entsprechenden Antrag eingebracht und die Änderungsvorschläge der Grünen übernommen.

Ebenso mit großer Mehrheit (Gegenstimmen nur von Linke und CDU) wurde das von den Piraten beantragte Pilotprojekt für anonymisierte Bewerbungsverfahren zur Stellenbesetzung in der Bezirksverwaltung beschlossen.

Bürgerhaushalt vor dem Aus?

Die BVV hatte die Möglichkeit, einen Beschluss zur Durchführung des Bürgerhaushalt 2014/2015 zu fassen. Über mehrere Monate war von einer interfraktionellen Arbeitsgruppe ein Konzept erstellt worden, das umfangreiche Bürgerinformation und -beteiligung vorsieht. Um diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen, sollte die Umsetzung des Konzepts bereits im Oktober dieses Jahres beginnen, da der Haushalt 2014/2015 schon im nächsten Jahr als Entwurf vorliegen muss. Entgegen aller vorherigen Absprachen und Bekundungen äußerten Vertreter von SPD, Linke und Grüne nun Bedenken, meinten, dass als Folge des Personalabbaus der Bürgerhaushalt in seiner vorher in der gemeinsamen Arbeitsgruppe vereinbarten Form nicht zu realisieren sei. Die Piratenfraktion verwies in ihrer Rede darauf, dass während der Arbeitsgruppentätigkeit von noch höheren Personalabbauzahlen die Rede gewesen war, ohne dass jemand den Bürgerhaushalt in Frage stellte. Gegen die Stimmen von Piraten und einer Linken verwies die BVV den Antrag zum Bürgerhaushalt zur Beratung in die Ausschüsse zurück, wertvolle Zeit geht dadurch verloren. Der in der Arbeitsgruppe erstellte Zeitplan wird nicht mehr zu halten sein und es muss leider vermutet werden, dass am Ende kein Konzept heraus kommen wird, welches den Namen Bürgerhaushalt verdient.

Bericht von der Fraktionsversammlung am 24.09.2012

Im Mittelpunkt der Fraktionsversammlung stand die intensive Vorbereitung auf die Bezirksverordnetenversammlung am 26.9.2012. Außerdem wurde beschlossen, sich für folgende Benennung der neuen Straße neben der Daimler-Benz-Niederlassung einzusetzen: Edit-Ban-Kiss-Straße.

Edit Ban Kiss, jüdische Bildhauerin, war von den Nazis aus Ungarn deportiert worden und musste unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit für Daimler-Benz leisten (Werk Genshagen bei Berlin, Außenstelle des KZ Ravensbrück). Eine solche Benennung entspräche auch der Absicht des Unternehmens, sich nach Jahrzehnten des Verschweigens und der Entschädigungsverweigerung seiner Geschichte zu stellen.

Bericht von der Fraktionsversammlung am 17.09.2012

Schrei vor Glück?

Um den Gebäudekomplex Neue Bahnhofstr. 9-17 komplett an Zalando vermieten zu können, hat Käufer Berggruen von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht und allen derzeitigen Mietern gekündigt. 1.400 Schüler und Studenten werden auf die Straße gesetzt, denn im Gebäube haben nicht nur Gewerbetreibende, sondern auch die Fachhochschule für Wirtschaft und Recht neben anderen Bildungseinrichtungen ihren Sitz. Basispiraten waren die ersten, die vor Ort mit den Betroffenen sprachen und die Fraktion informierten. Auf der Fraktionsversammlung am 17.9.2012 wurde beschlossen, eine kleine Anfrage bei der nächsten BVV zu stellen. Das Bezirksamt soll z.B. beantworten, wann sie über die Vorgänge informiert wurden und welche Überlegungen es gibt, sich für den Erhalt des Bildungsstandorts in Friedrichshain einzusetzen.

Weiterhin beschäftigte sich die Fraktionsversammlung mit verschiedenen Bebauungsplänen. Dabei ging es um den Erhalt des YAAM, freie Ufer an der East Side Gallery und um die Rummelsburger Bucht, Planungsgebiet An der Mole. Dieses fällt in die gtemeinsame Zuständigkeit von Lichtenberg und Xhain. Auf Einwohnerversammlungen waren Hunderte Bürger beteiligt und Ziel ist es, ihre dort geäußerten und per Fragebogen ermittelten Vorschläge so weit wie möglich in die Planung einzubringen.

Bei der Verwaltung hat es gefunkt

Unser Bürgerdeputierter Andreas informierte, dass die ersten Freifunkknoten noch diese Woche auf dem Rathaus installiert werden. Die Piratenfraktion hatte sich seit Monaten gemeinsam mit der Verwaltung darum bemüht.

Vertreter des Zivilen Friedensdienste e.V. stellten ihre Arbeit im In- und Ausland vor. Fabio Reinhardt, Mitglied der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus, der diese Präsentation initiiert hatte, begleitete sie. Viele Fragen der Teilnehmer der Fraktionsversammlungen z.B. zu möglichen Konfliktlösungsstrategien in sozialen Brennpunkten wurden beantwortet.

Bericht von der Fraktionsversammlung am 10.09.2012

Eine Mieterin, die von der Verdrängung aus ihrem Kreuzberger Kiez bedroht ist, stellte ihren konkreten Fall vor. Als besonders gravierend schilderte sie den Fakt, dass sie nicht nur unter den Schikanen des Hausbesitzers zu leiden habe, sondern auch vom Sozialpsychiatrischen Dienst des Bezirkes zum Verlassen ihrer Wohnung aufgefordert wurde. Fraktionspressesprecher Michael wird auf einer der nächsten Versammlungen Vorschläge machen, wie wir diesen Fall in die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen unserer Aktivitäten gegen Mieterhöhungen und Verdrängung einbeziehen. In diesem Zusammenhang soll auch die Tätigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes kritisch hinterfragt werden.

Mitarbeiter Malte führte die geplante Redmine-Schulung durch und beantwortete die Fragen dazu.

Eine Arbeitsgruppe wurde gebildet, um bis zum 24.9. einen Workflow-Entwurf zu erstellen.

Jana berichtete von der Arbeit der Findungsgruppe zur Besetzung der Fraktionsassistenz. Sie erläuterte die von der Gruppe erstellten Bewertungskriterien und die danach vergebenen Punkte.

Die Fraktionsversammlung beschloss, die drei Bewerber mit den höchsten Punktzahlen zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Findungsgruppe bereitet Fragen vor, am Termin können alle Mitglieder der Fraktionsversammlung teilnehmen und ebenfalls Fragen stellen.

Bürgerdeputierter Carsten hat den Ausschussmitgliedern im StadtQM vorgeschlagen, die aktuelle GEWOS-Studie zur Wohnungsmarktlage in Berlin zu erläutern, da von den GEWOS-Leuten kein Referent verfügbar ist. Die Fraktionsversammlung unterstützte einstimmig diesen Vorschlag.

RIP Bürgerhaushalt

Bürgerhaushalte sind eine feine Sache. In der Theorie erlauben sie den Bürgern, direkteren Einfluss auf die Mittelverteilung zu nehmen.

Bürgerhaushalte können unterteilt werden in partizipative Haushalte, wo die Entscheidung der Bürger rechtsverbindlich ist, und konsultative, wo man mal fragt, was die Bürger so meinen. Ob und wie die Ergebnisse der Konsultation umgesetzt werden, obliegt immer noch dem Parlament/der Verwaltung.

Weiterhin können Bürgerhaushalte nach ihrem Volumen bewertet werden. Kann der Bürger hier nur Erdnüsse bewegen, oder ist eine echte Einflussnahme auf gehaltvolle Projekte möglich?

Letztendlich spielt die Repräsentativität eine Rolle: haben alle Schichten der Bevölkerung die gleichen Möglichkeiten, am Bürgerhaushalt teilzunehmen, oder werden bestimmte Schichten signifikant bevorzugt oder benachteiligt? Kriterien sind hier vor allem Herkunft, Alter und Bildungsnähe/ferne.

Der Nutzen von Bürgerhaushalten für den einzelnen Bürger ist, dass konkrete Ideen ohne Umweg über die Parlamente eingebracht, bewertet, mit Gleichgesinnten diskutiert und verbessert werden können. Zudem stehen Geldmittel zur Finanzierung zur Verfügung, was einen Bürgerhaushalt z.B. von Liquid Feedback unterscheidet. Für die Verwaltung ist es interessant, das Wissen der Bürger in lokalen Dingen anzuzapfen, um so technokratische und weltfremde Lösungen zu vermeiden. Weiterhin können partizipative Bürgerhaushalte dazu dienen, die Endlichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel und die Notwendigkeit der Gegenfinanzierung zu verdeutlichen. Allen Bürgerhaushalten ist gemein, dass sie eine Stärkung des politischen Interesses der Bürger anstreben. Schliesslich können Bürgerhaushalte auch verwendet werden, um ohne viel Aufwand Bürgernähe zu simulieren. Besonders gut geeignet dafür ist ein kleinvolumiger konsultativer Bürgerhaushalt. Hier gibt es relativ wenig Geld zu verteilen, und ausserdem kann das Parlament immer noch den Bürgerwillen überstimmen. Der Bürger hat also sowohl qualitativ als auch quantitativ wenig zu melden, das Risiko für die Verwaltung ist gering, aber man kann sich mi dem Etikett  „Bürgerhaushaltskommune“ schmücken. Bürgerhaushalte sind in der letzten Dekade hip geworden, und alle Kommunen wollen so was haben. Dabei kommen dann aber seltsame Dinge raus.

In Xhain gab es schonmal einen Bürgerhaushalt, der auch heute noch eingesehen werden kann. Die Beteiligung war damals dürftig. Gründe dafür könnten Neuheit, mangelnde Werbung, unzureichende Kommunikationsstrategien, geringe Einflussmöglichkeiten, unzureichende politische Unterstützung oder eine Kombination daraus sein.

In diesem Jahr sollte dann ein neuer Bürgerhaushalt in Angriff genommen werden. Im April wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die bis zur Juni-BVV ein Konzept erstellen sollte. Die Piraten standen dem aufgrund der Kürze der Zeit sehr kritisch gegenüber (schlugen z.B. auch die Aussetzung vor), beteiligten sich aber mit regelmässig mehr als drei Teilnehmern an den Treffen. Die Piratenfraktion kümmerte sich auch um Referenten; nachdem aber ein Referent in einer Fußnote der Tagesordnung unbemerkt ausgeladen wurde, nahm auch hier die Motivation ab. Die anderen Fraktionen waren (ohne CDU) im Mai noch gut vertreten. Ende Mai wurde klar, dass der Zeitplan wie erwartet nicht zu halten war, und die September BVV wurd angepeilt. Linke und SPD brachen weg, und schließlich kam von den Grünen auch nur noch eine Bürgerdeputierte. Dass
der Bezirskbürgermeister unentschuldigt fehlte und auch die Bezirksstadträte selten an den Sitzungen teilnahmen, ließ an der Breite der Unterstützung zweifeln. Die Zivilgesellschaft war hingegen mit dem Stadtteilbüro Friedrichshain und dem Verein Mehr Demokratie sowie verschiedenen Kiezinitiativen gut vertreten. Die Verwaltungsmitarbeiterinnen zeigten sich auch sehr engagiert. Diskussionsverlauf und Ergebnisprotokoll zeigten hingegen häufig signifikante Abweichungen, so dass
regelmässig Mängel angemerkt werden mussten. So ergab die Diskussion z.B.,dass sowohl Offine- als auf Online-Beteiligung möglich sein muss, umverschiedenen Schichten der Bevölkerung eine Teilnahme zu ermöglichen, im
Protokoll war die Online-Beteiligung dann aber verschwunden.

In der Offline-Betetiligung waren ca. 10 Veranstaltungen vorgesehen. Diese verursachen einen signifikanten Overhead (Saalmiete, Equipment, Überstunden). Diese Woche wurden wir informiert, dass  das Bezirksamt bezweifelt,

dass das vorgelegte anspruchsvolle
Rahmenkonzept der interfraktionellen Arbeitsgruppe personell und vom zeitlichen Aufwand
dauerhaft durchgeführt werden kann

, da hierfür aufgrund der generellen Haushaltslage kein Geld vorhanden ist. Die Offline-Beteiligung soll also ausfallen, und der „Bürgerhaushalt“ nur online stattfinden. Die Piraten stehen neuen Technologien offen gegenüber, aber eine Abschaffung der Offlinebeteiligung geht aus Beteiligungsgesichtspunkten nicht. Es kann nicht sein, dass lediglich technikaffine Menschen über die Verwendung der
Bürgerhaushaltsmittel in Xhain entscheiden dürfen und Rentner ohne Internet oder Menschen, die mit der Schriftsprache Schwierigkeiten haben, sich gar nicht mehr äussern können.

Der Bürgerhaushalt in Xhain ist tot. Das angestrebte Format hat nichts mehr mit einem Bürgerhaushalt im engeren Sinne zu tun.  Der Haushalt in Xhain kann derzeit vom Bürger nicht beeinflusst werden. Die bestehenden Instrumente der Bürgerbeteiligung (d.h. die Onlinemöglichkeiten) können aber als „Bezirkliches Vorschlagswesen“ ohne Haushaltsrelevanz weitergeführt werden. Dann muss man sich auch keine Sorgen mehr um Repräsentativität machen.

Das ist ernüchternd. Die Frage, die ich mir stelle, ist aber auch noch: Dies alles muss dem Bezirksbürgermeister und Finanzstadtrat schon im Mai klargewesen sein. Was war also der Sinn der zum Scheitern verurteilten interfraktionellen Arbeitsgruppe?

 

Disclaimer: Dieser Post ist von mir als stellvertretendem Bürgerdeputierten verfasst worden und stellt keine offizielle Aussage der Frakion dar.

Bericht von der Fraktionsversammlung am 03.09.2012

Wie wir zu Beginn des neuen Sitzungsjahres beschlossen haben, wird unsere Fraktionsversammlung den Kontakt zu Initiativen oder Vereinen des Bezirks suchen und ihre Sitzung am 1. Montag des Monats bei ihnen vor Ort abhalten. Die erste Sitzung dieser Art fand jetzt statt.

Die Fraktionsversammlung tagte am 3.9.2012 am Kottbusser Tor, auf dem von der Kotti &Co-Initiative besetzten Platz. Unsere neue Praktikantin trug sich gleich für eine Schicht bei der Initiative ein, dem Beispiel sollte nachgeeifert werden.

Ulli, der inzwischen als Referent der AGH-Fraktion arbeitet, informierte über seine ersten Eindrücke seiner Arbeit in Fraktion und Ausschüssen.

Michael hatte Neuigkeiten zum ÖPNV, wies auf große Defizite hin, die sich aus der Fortschreibung und Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans bis 2025 ergeben.

Jessica regte bei der Analyse der Rechnungsprüfung die Einbeziehung eines sachkundigen Referenten aus der Bezirksverwaltung an.

Nach Versand eines ersten Newsletters der Fraktion soll dieser jeden Monat nach der BVV herausgegeben werden. Ein bereits erstellter Verteiler des Fraktionsbüros wird systematisch erweitert.

Besetzung der Fraktionsassistenz

Ralf berichtete für die Findungsgruppe vom aktuellen Stand. Es wurde vereinbart, dass die Sitzung nach zwei Stunden endet, um die anschließende Sichtung der Bewerbungen durch die Gruppe vorzunehmen. Auf der nächsten Fraktionsversammlung soll unter Wahrung des Datenschutzes informiert und das weitere Vorgehen beraten werden.